Workshop IV:
Grundeinkommen und Steuersystem – Ansatzpunkte für einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel
André Presse
Der Wandel von der realwirtschaftlichen Selbstversorgung (Agrarwirtschaft) zur arbeitsteiligen Fremdversorgung, gepaart mit technologischem Fortschritt und entsprechenden Produktivitätssteigerungen, haben in den Industrieländern in den letzten Jahrzehnten auch zu einer Verfestigung der strukturellen Arbeitslosigkeit und zu einer wachsenden Ungleichverteilung von Wohlstand geführt. Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens wird seit einiger Zeit als Gegenmittel diskutiert, das nicht nur die Würde des Einzelnen und soziale Bindungen insgesamt wieder aufwerten, sondern auch Innovation und damit Unternehmen und die Volkswirtschaft als Ganze fördern könnte – bei gleichzeitigem Abbau staatlicher Bürokratie.
Die Finanzierung des Projekts Grundeinkommen erfordert auch eine Veränderung im Steuerwesen. Dass im heutigen arbeitsteiligen Wirtschaftsleben alle Steuern als Bestandteil der Wertschöpfung in den Endpreisen enthalten sind, wird durch die Mehrwertsteuer transparent gemacht. Wenn es, wie Götz Werner und andere Befürworter des Grundeinkommens vorschlagen, perspektivisch nur noch die Mehrwertsteuer gäbe, muss auch die Frage nach dem Steuerfreibetrag neu gestellt werden. An die Stelle des Einkommensteuerfreibetrags müsste dann ein "Mehrwertsteuerfreibetrag" treten, respektive ein garantiertes Grundeinkommen, das grundlegende persönliche Freiräume ermöglicht. Dies wird zu einer neuen gesellschaftlichen Dynamik führen.
Zur Person:
André Presse wurde 1974 in Hanau geboren. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann studierte er Betriebswirtschaftslehre an der Katholischen Universität Eichstätt und der Handelshochschule Leipzig (HHL). Zwischen 1995 und 2000 absolvierte er diverse Auslandsaufenthalte in den USA und der Volksrepublik China im Rahmen von Praktika bei der Commerzbank AG, der Deutsche Bank Group und der AUDI AG. 2000 gründete André Presse das Software-Unternehmen KSL Sp. z.o.o. (GmbH) in Krakau (Polen), seither verschiedentliche unternehmerische Betätigung. Seit Februar 2005 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Götz W. Werner, wo er demnächst seine Dissertation zum Thema „Das Grundeinkommen und seine Finanzierung“ abschließt.